Vom Deutschkurs hin zum Arbeitsmarkt
Im letzten Artikel haben wir darüber berichtet, wie die vertriebenen UkrainerInnen und deren Kinder in Deutschkursen untergebracht wurden und auch schon stolz von sich behaupten können, die ersten einfachen und kurzen Smalltalks alleine in deutscher Sprache zu führen.
Das sind wundervolle Entwicklungen nur leider erst der erste kleine, wenn auch wichtige, Schritt in Richtung Selbstständigkeit in einem fremden Land für Personen, welche wahrscheinlich noch länger auf die lang ersehnte Rückkehr in ihre Heimat warten müssen.
Um unabhängiger zu werden und auch das Gefühl zu haben, wieder die Kontrolle über das eigene Leben zu haben, ist es für die Schutzsuchenden unerlässlich Arbeit zu finden und somit finanziell unabhängig zu werden. Unabhängig von der Volkshilfe, von den Gastfamilien und den Spenden.
Von den 30 Schutzsuchenden (ca. ein Drittel sind Kinder) ist eine bereits beschäftigt. Und obwohl die UkrainerInnen der deutschen Sprache immer mächtiger werden, werden Tätigkeiten ohne häufigen Sprachgebrauch bevorzugt. Gesucht werden Beschäftigungen bspw in der Gastronomie oder in Fabriken und Produktionen.
Warum ist Arbeitssuche für Vertriebe so schwierig? Wir erklären es:
Jeder hilfsbedürftige Fremde hat Anspruch auf ein Asylverfahren – auch die aktuell hier lebenden UkrainerInnen. Asyl macht aber erst dann Sinn, wenn man zB aufgrund politischer Verfolgung nicht mehr in das Heimatland zurückkehren kann, weil man dort nicht sicher ist. Davon abweichend hat jede/r Ukrainer*in auf Grundlage der EU-Massenzustromrichtlinie einen Aufenthaltstitel für ein Jahr, der auf bis zu drei Jahre verlängerbar ist und einen Zugang zum Arbeitsmarkt mit vereinfachtem Bewilligungsverfahren bietet. Dieser Aufenthaltstitel gibt den UkrainerInnen Recht auf Grundversorgung, auf die blaue Vertriebenenkarte und einen E-Card-Ersatzbeleg. Mit der Vertriebenenkarte kann ein Arbeitsmarktservicetermin vereinbart werden. Und das ist enorm wichtig, denn: UkrainerInnen sind von Mindestsicherung und Kinderbetreuungsgeld ausgeschlossen. Auch Beschäftigung über den „Dienstleistungsscheck“, die für Asylberechtigte möglich sind, sind gesetzlich ausgeschlossen. Und obwohl die Grundversorgung im Juni angehoben wurde kann man sich vorstellen, dass man von diesen 200-300 Euro und den Sachleistungen kaum alle nötigen persönlichen Grundbedürfnisse befriedigen kann.
Daher möchten alle hier lebenden UkrainerInnen arbeiten. Paradox daran ist allerdings, dass bereits die Aufnahme einer gering entgoltenen beruflichen Tätigkeit Auswirkungen auf den Anspruch auf Grundversorgung hat. Obwohl dies ein erster Schritt in Richtung Integration in den Arbeitsmarkt (und damit weitere Sprachförderung, Ankommen in der österreichischen Arbeitswelt, …) darstellt. Verdient eine ukrainische Person über 110 Euro pro Monat, wird nämlich das Verpflegungsgeld und der Mietzuschuss reduziert. Ein Teufelskreis, aus dem herauszukommen für viele UkrainerInnen aussichtslos scheint, denn von 110 Euro der Grundversorgung lässt es sich eigenständig nicht leben. Mit den noch geringen Sprachkenntnissen sind eher nur gering bezahlte Jobs möglich und wenn dann aufgrund von Kinderbetreuung nur Teilzeit gearbeitet wird reicht das Geld erst wieder nicht.
Aus diesem Grund wird auch die Sachspendenausgabe am Samstag Vormittag sehr herzlich angenommen. Dort gibt es neben Kleidung auch Sachgüter wie Lebensmittel, Sanitärartikel und vieles mehr.
Möchten Sie mehr zu dem Thema Asyl, Aufenthaltstitel und Grundversorgung erfahren? Hier finden Sie weiterführende Informationen zum Thema: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/files/ukraine/index.html & https://bmi.gv.at/news.aspx?id=786151314B306E6A7133383D
Abschließend möchten wir uns noch einmal ganz herzlich bei der in Vorchdorf und auch im Umkreis lebenden Bevölkerung bedanken, welche so zahlreich mit Sach-, Zeit- und Geldspenden und auch Unterkünften unterstützt (hat).